Rollen wechseln, Perspektiven erweitern: Ein Tag mit Psychodrama

An einem Samstag im September fand der Workshoptag zum Thema Psychodrama in Frankfurt statt. Ausgeschrieben war der Workshop für alle Interessierten: Neulinge sowie erfahrene Psychodramatiker*innen waren herzlich willkommen.
Nach der Begrüßung starteten wir mit soziometrischen Übungen, bei denen wir uns im Raum zu verschiedenen Fragen positioniert haben. Nach und nach traute sich die Gruppe immer mehr miteinander zu interagieren. In einer Fremdvorstellungsrunde sollte jede*r jemanden aus der Runde nur anhand des bisher Erfahrenen und der eigenen Fantasie vorstellen. Dies sorgte für das ein oder andere Schmunzeln und brach schließlich das Eis. 

Durch eine Gehmeditation im Raum sammelte die Gruppe Themen von Interesse, zum Beispiel: Prüfungen, Streit in der Beziehung, ein Wasserrohrbruch.  Hierzu konnten sich die Teilnehmenden dann in Kleingruppen nach Präferenz zuordnen. Diese bekamen die Aufgabe eine kurze Szene oder ein Standbild zu ihrem Thema vorzubereiten ohne dieses aktiv zu proben. Der Austausch in den Kleingruppen lies den Teilnehmenden genügend Zeit um sich näher kennenzulernen und über das gewählte Thema ausführlich ins Gespräch zu kommen. Beim anschließenden Darstellen der Ergebnisse wurde die Wahrnehmung für spezifisch psychodramatische Kommunikation in den Rückmeldungen geschult indem es hin und wieder theoretische Hinweise gab. Schon hier konnten die Teilnehmenden spannende Erkenntnisse zur Eigen- und Fremdwahrnehmung machen und sich darin erproben in Rollen zu schlüpfen. 

Nach der Mittagspause haben wir mit einer Stimmungsabfrage mithilfe von Musikinstrumenten begonnen. Jede*r durfte sich ein Instrument aussuchen und zu dem eigenen Befinden ein passendes Geräusch machen. Anschließend stimmte die Gruppe zusammen einen Rhytmus an. Danach gab es eine Theorieeinheit zu den verschiedenen Teilbereichen des Psychodramas (Soziometrie, Bibliodrama, Protagonist*innenspiele, Gruppenimprovisationen, Singleaufstellungen) und dem zur Verfügung stehenden Werkzeugkoffer.

Da die Gruppe kein Interesse hatte in einen der anderen Bereich hineinzuschnuppern bot eine Teilnehmerin sich und ihr Thema als Protagonist*innenspiel an. Bei einem Protagonist*innen-Spiel nutzt eine Person die Bühne, um eine ihrer Fragen/Schwierigkeiten besser zu verstehen und neue Handlungsmöglichkeiten auszuprobieren. Ähnlich wie bei einer Familienaufstellung unterstützen die restlichen Teilnehmenden der Gruppe, indem sie als Stellvertretungen für verschiedene Personen/Orte/Gegenstände etc. auf die Bühne geholt, positioniert und dann auch in ihrer Rolle befragt werden können. So können Zusammenhänge sichtbar gemacht, Fragen konkretisiert und neue Optionen erprobt werden. Oftmals hilft diese Methode der*dem Protagonist*in beispielsweise bei der Entscheidungsfindung. Diese Arbeit wurde durchaus intensiv und die Gruppe staunte nicht schlecht als die letzten eineinhalb Stunden der Workshopzeit wie im Flug vergingen. 
Bei den Rückmeldungsrunden zum Protagonist*innenspiel bot sich erneut die Möglichkeit die verschiedenen Ebenen der Wahrnehmung zu strukturieren: Zuerst gab es ein Feedback aus den Rollen. Hier geht es darum, die in der Rolle als Stellvertretung erlebten Gefühle und Gedanken zu teilen, die im Spiel wichtig waren aber noch nicht zur Sprache kamen. Darauf folgt eine Runde zu eigenen Identifikationen. Momente in welchen mensch sich mit etwas oder jemandem auf der Bühne verbunden fühlte. So wird der Fokus auch auf kleine Momente gerichtet. 
Im dritten Schritt, dem Sharing, teilen die Teilnehmenden ähnliche Erfahrungen miteinander. Sie greifen Gefühle oder inhaltliche Punkte aus dem Spiel der*des Protagonist*in auf und erzählen etwas dazu, was sie aus ihrer eigenen Lebensgeschichte kennen. Dieser Schritt ist wichtig, um die*den Protagonist*in mit wieder mit in die Gruppe hineinzunehmen und die gesonderte Position aufzuheben. Auch führt das Sharing dazu, dass mensch weiß, dass er*sie nicht alleine ist mit den schwierigen Erfahrungen. Das Schlusswort hat immer der*die Protagonist*in, welche*r kurz zusammenfast, was er*sie aus dem Spiel für sich mitnimmt. 
Am Ende rundeten wir die Veranstaltung mit einer gemeinsamen Tagesreflexion und Verabschiedung ab.